„I feel Slovenia“ lautete das Motto der Jugend-Team-EM in Slovenien und blieb nicht nur ein Versprechen. Es war ein echtes Gefühl, welches uns von Beginn bis zum Ende begleitet hat. Dem slowenischen Schachverband ist es in dem kleinen ländlich gelegenen Thermalbadeort Terme Čatež gelungen, nicht nur für beste Spielbedingungen, sondern auch für buchstäblich „love in the air“ zu sorgen. Es gab vielleicht kein Meer und keinen Strand in Terme Čatež, aber dafür eine riesige Thermalbadelandschaft, saubere Zimmer, ein wirklich gutes Essen und eine professionelle und reibungslose Organisation mit Liebe zum Detail. Wenn jetzt noch schnelles, zuverlässiges WLAN auch zu Vorbereitungsstoßzeiten dazu käme, wäre es perfekt, aber das ist schon Jammern auf sehr hohem Niveau.

 

Unserer Ansicht nach war das die bislang bestorganisierte internationale Meisterschaft, die wir miterleben durften (und das waren in Lilys noch junger Karriere mittlerweile schon einige). Zum dritten Mal wurde Lily nun für dieses Turnier für die deutsche Mannschaft nominiert: 2023 im rumänischen Iași im Team mit Paula Czäczine an Brett 2, 2024 auf Rhodos mit Alicia Kovalskyy an Brett 1 und nun 2025 wieder an Brett 1, dieses Mal mit Tiffany Tu als Teampartnerin. Zweimal gab es Bronze, Ziel war es dies in Slowenien zu toppen.

Germany A: Lily Schirmbeck und Tiffany Tu

Lily mit ihrer Glückskette, die sie von ihrer türkischen Gegnerin Melis Duru Kaygun in der zweiten Runde geschenkt bekommen hat. Vielen Dank nochmal an dieser Stelle, Grüße gehen raus!

Der Deutsche Schachbund schickte 3 Mannschaften in der U12w Altersklasse, Germany B und C wurden dabei mit Spielerinnen aus einem Mädchenförderprojekt der Jussupow Schachschule besetzt und sollten erste Erfahrungen auf internationaler Ebene sammeln. In der ersten Runde kam es dann auch gleich zum Duell mit Germany C. Lily und Tiffany gewannen es sicher mit 1,5:0,5. Lily ließ dabei leider einen klaren Gewinn aus. In Runde 2 ging es gegen den Titelverteidiger Türkei. Die Türkinnen hatten 2024 überraschend Gold gewonnen und sind traditionell unterbewertet. Auch dieses Mal war es ein heißes Duell, welches nach wechselhaftem Verlauf mit einem leistungsgerechten 1:1 endete. Runde 3 ging es dann mit Ungarn gegen das erste Team, welches nominell auf Augenhöhe war. Sowohl Tiffany als auch Lily konnten ihre Partien gewinnen. Lily gelang dabei ein hübscher Königsangriff:

Die kleine Rochade spielte die Ungarin hier mit wenig Zeit auf der Uhr. Das verliert, nach dem Bauernopfer f5 steht der Weg zum schwarzen König offen.

Lily beobachtete das Duell Slowenien – Polen.

Schnappschüsse des hervorragenden Turnierfotografen: So viele tolle Fotos wie dieses Mal gab es noch nie.

In der 4. Runde ging es dann gegen den Turnierfavoriten Polen, der zwei WCMs ans Brett schickten. Die Polinnen wollten vermutlich von vornherein an Brett 1 möglichst Remis machen und dann mit Macht zu versuchen Brett 2 zu gewinnen, wo sie 200 ELO-Punkte mehr hatten. Der Plan ging letztlich auf. Zuzanna Kaminska spielte gegen Lily eine lange Theorievariante runter, die sie bis zum 14. Zug kannte (Lily sogar noch etwas weiter) und wählte dann bei der ersten sich bietenden Gelegenheit eine Stellungswiederholung, der Lily nicht ausweichen konnte ohne auf Verlust zu stehen. Fast ging der polnische Plan aber dann doch schief. Tiffany hielt in einer sehr komplexen Stellung an Brett 2 sehr gut mit, verbrauchte dabei aber sehr viel Zeit, verpasste eine große Chance in Vorteil zu kommen und verlor die Partie in großer Zeitnot letztlich noch im Endspiel. Der Endstand war also 1,5:0,5 für Polen.

Wie schlägt man hier wieder? Tiffany wählte leider den Bauern, mit dem Springer wäre deutlich stärker gewesen, weil dann ein paar Abtäusche forciert und die weißen Bauern am Damenflügel schnell flott werden.

Völkerverständigung vor der letzten Runde: Lily mit dem Rücken zum Fotografen, links davon Sara Vignesh, Smrithi Suryaprakash (beide Germany C). In der Mitte die Turniersiegerinnen Lila Rzadkowska und Suzanna Kaminska. Mit Cappy gegenüber Lily Zuzanna Sobczak (Germany B).

In der 5. Runde wurden Lily und Tiffany gegen die Ukraine gepaart, ein gefährlicher Gegner. Beide hatten in ihren Partien Chancen. Lily verrechnete sich aber im Mittelspiel und auch Tiffany konnte die Chancen, die ihre Gegnerin ihr bot, nicht nutzen und so endete auch diese Paarung mit einer Niederlage. Plötzlich schien es sogar fraglich, ob es mit einer Medaille am Ende noch etwas werden könnte. Fest stand, dass die letzten beiden Runden gewonnen werden mussten.

Gegen Slowenien B folgte in der 6. Runde ein Pflichtsieg. Vor der 7. Runde stand dann mehr oder weniger fest, dass Polen Gold und die Ukraine Silber holen würden. Das Rennen um den dritten Platz war allerdings noch offen und alle hofften, dass es zum direkten Duell um die Bronzemedaille zwischen Germany A und Rumänien kommen würde. Die Auslosung ergab dann aber ein Fernduell. Die Rumäninnen mussten gegen die Ukraine antreten und wir bekamen ein zweites innerdeutsches Match, dieses Mal gegen Germany B. Da WGM Tatiana Melamed beide Mannschaften vor Ort betreute, gab es für diese Konstellation von ihr keine Vorbereitung. Wir aktivierten kurzfristig unsere Heimtrainerin WGM Carmen Voicu-Jagodzinsky und das zahlte sich aus. Sowohl Lily als auch Tiffany bekamen vorbereitete Varianten aufs Brett und gewannen ihre Partien sicher. Da die Rumäninnen nur Remis gegen die Ukraine spielte, wurden sie auf den vierten Platz verdrängt. Bronzemedaille für Lily und Tiffany!

Mit Vangelis auf die Bühne!

Die stolzen Bronzemedaillengewinnerinnen in der U12w nach der Siegerehrung.

Bronze gab es auch für die offene U12. In der U18w waren die Teams nominell im Mittelfeld gesetzt und landeten auch genau dort. In der offenen U18 schnitt die deutsche Mannschaft deutlich besser als ihr Ranglistenplatz ab (Rangliste 10, Endplatzierung 6). Man muss dabei beachten, dass die meisten teilnehmenden Länder ihre allerbesten Jugendspieler schickten und bei Deutschland „nur“ die 2. Garde antrat, die aber auch schachlich sehr, sehr viel zu bieten hat. Ein toller Erfolg, der unter anderem durch einige Videos des deutschen Schachyoutubers Gunny Anerkennung fand (Links dorthin ganz unten).

Alle deutschen Medaillengewinner: Tingrui Shen, Konstantin Müller, Yunqi Li, Ming Sheng, Anton Belin, Tiffany Tu und unsere Lily.

„Spaß mit Flagge“ in Zeitlupe.

Das Delegationsfoto in der Hotellobby: Alle drauf, alle im Trikot. Vorbildlich!

Mit einer Gold- oder Silbermedaille wurde es am Ende wieder nichts, diese Bronze fühlte sich dann aber angesichts des Turnierverlaufs ebenso gut an wie Gold. Lily hat damit drei Bronzemedaillen in Folge bei der Jugend-Team-EM in der Altersklasse U12w gewonnen, das wird ihr auch so schnell keine Spielerin nachmachen. Das Niveau des Turniers hat sich, wie generell das Niveau in der Spitze des Jugendschachs, in den letzten Jahren auch ordentlich gesteigert, daher geht das schon in Ordnung. Es bleibt noch Danke zu sagen: Danke an die Spieler und Trainer (nicht nur die Deutschen), die am Brett alles gegeben haben. Danke an die Eltern, die das alles hauptsächlich finanziert haben. Danke an die Organisatoren und all die gastfreundlichen Menschen, die wir in Terme Čatež kennenlernen durften. Die nächste Team-EM findet nächstes Jahr im tschechischen Pardubice statt. Dort weiß man auch aus Tradition, wie man gute Schachevents auf die Beine stellt.

We still feel SLOVENIA!

…und Danke auch an Yvonne für diesen wunderschönen Whatsapp-Status :-).

Website der Veranstaltung (mit vielen Fotos)

Lichess Übertragung der Partien

Ergebnisse auf Chess-Results

Vorbericht des Deutschen Schachbunds

Zwischenbericht des Deutschen Schachbunds

Turnierbericht des Deutschen Schachbunds

Bericht des Lübecker SK

Bericht der Schachfreunde Kornwestheim

Bericht des SK Wasserburg