Großer Dank gebührt dem Brackweder SK dafür, dass sie ein Highlight der deutschen Schachturnierlandschaft nach Bielefeld geholt haben. Knapp 300 Teilnehmer trafen sich in der Ravensberger Spinnerei, um die Deutschen Meister zu ermitteln. Von unserem Klub waren Florian in der Gruppe E, ich in der Gruppe C und Lily am Start. Lily durfte bei den Profis mitspielen. Florian legte einen tollen Endspurt hin und arbeitete sich mit einem Sieg in der letzten Runde noch auf den 7. Rang vor, der gleichzeitig der letzte Rang mit einem Preisgeld war.
Ich spielte gefühlt zwei Turniere, der erste Tag war richtig gut, ich spielte und rechnete gut und führte mit 4,5 aus 5 die Tabelle sogar an. Dabei durfte ich sowohl gegen Alicia Kovalskyy als auch gegen Tamila Trunz antreten, die beide dieses Jahr im Team zusammen mit Lily Deutschland bei internationalen Jugendmeisterschaften vertreten haben (Tamila im Rapid, Alicia im klassischen Schach).
Erste Runde gegen Alicia
Am zweiten Tag ging komischerweise aber gar nichts mehr. Das einzig Positive ist ein schönes Foto, welches während meiner Partie gegen Patrick Werner entstand, die ich chancenlos und ohne angemessene Gegenwehr verlor. Nur ein halber Punkt aus 4 Partien konnte ich mir sichern, den holte ich ausgerechnet gegen Frank Kebbedies, mit dem ich als „aufstrebender“ Jugendlicher vor 20 Jahren mal in unserer ersten Mannschaft gespielt habe. Mittlerweile lebt er in Malaysia, kommt aber regelmäßig in die Heimat, u.a. zum Schachspielen. Erst nach Ende des Turniers habe ich auf den Ergebnislisten gesehen, dass auch Helge Kater da war, der ebenfalls zur selben Zeit wie Frank mal bei uns im Verein Mitglied war. Ihn habe ich aber nicht gesehen/erkannt und daher leider nicht mit ihm plauschen können.
©Reinhard Kynast, Brackweder SK
Am Ende war es dann nur den 14. Platz, ein echt merkwürdiges Turnier. Sinnbildlich für meinen gebrauchten zweiten Tag steht folgende Stellung in der letzten Runde gegen Rona Klahold:
Schottisches Gambit, wir kennen beide die Theorie ganz gut bis zu diesem Punkt. Rona spielte gerade La6, was logisch aussieht, aber objektiv ein Fehler ist. Mir war die Stellung jetzt neu. Ich investierte ca. 2 Minuten Bedenkzeit und verfiel dann irgendwie darauf, dass es eine gute Idee sei, auf c6 zu nehmen und dann im nächsten Zug den Springer auf e4 zu tauschen. Die (ziemlich offensichtliche) schwarze Antwort Ld3 übersah ich komplett, den besten Zug in der Stellung a4, mit der Idee den schwarzfeldrigen Läufer zu fangen, ebenfalls. Ich bin mir sicher, am Samstag hätte ich das alles gesehen, Sonntag nicht.
Lily machte es deutlich besser. Mit einem Freiplatz versehen durfte sie in einer Gruppe mit den besten Frauen Deutschlands spielen. Nach der Setzliste war sie im unteren Drittel, aber im Schnellschach hat sie in letzter Zeit gute Ergebnisse erzielt, daher hofften wir, dass sie doch den einen oder anderen Punkt holen würde. Die erste Runde spielte sie gegen Lepu Coco Zhou, die amtierende Deutsche Meisterin in der Altersklasse U18w. Link zum Siegerinterview der DJEM 2024 Diese erwies sich im Endspiel als stärker, sodass Lily mit einer Null startete.
Blick in den Turniersaal des offenen und des Frauenturniers während der ersten Runde. Lily spielt rechts hinten gegen Coco.
In der zweiten Runde wartete dann Monika Schmatz, die die mit Abstand die niedrigste Wertungszahl aller Teilnehmerinnen vorzuweisen hatte. Monika ist auch Musikerin und Musikproduzentin (Link zu ihrem Youtube Kanal Monika&Freunde). Die Partie war ein Start-Ziel-Sieg für Lily.
©Reinhard Kynast, Brackweder SK
Monika Schmatz – Lily Schirmbeck
In der dritten Runde spielte Lily dann gegen die erste Titelträgerin. WFM Anita Stangl war schon 2015 Deutsche Schnellschachmeisterin und ist auch sonst vielfältig im Schach engagiert, hier ein Podcast mit einem Interview von ihr. Lily stand gegen sie wohl zuerst gut, verlor die Partie dann aber noch.
©Reinhard Kynast, Brackweder SK
WFM Anita Stangel – Lily Schirmbeck
In der vierten Runde ging es dann gegen Lena Mader, mehrfache Landesmeisterin von Rheinland-Pfalz (sowohl klassisch als auch Rapid). Dort stand Lily wohl erst ziemlich schlecht, konnte die Partie dann aber drehen und den vollen Punkt einfahren. Die fünfte Runde gegen Beate Pfau lief ähnlich, Beate wollte unbedingt gewinnen, überriss ihre Partie dabei aber und Lily konterte erfolgreich. 3 aus 5 nach dem ersten Tag – ein super Ergebnis!
Der zweite Tag, die zweite Titelträgerin: WFM Jovana Miljkovic, amtierende Deutsche Vizemeisterin, die auch ihren eigenen Youtube Kanal betreibt, wartete am Brett. Hier hatte Lily keine Chance, Start-Ziel-Sieg für Jovana. Ähnlicher Verlauf die Runde darauf: Gegen Olena Kosovska von der SG Grün-Weiß Dresden gab es auch nichts zu holen. Die Partie gegen Elisabeth Reich in der vorletzten Runde endetet dann in einem leistungsgerechten Remis. Lily hatte damit 3,5 Punkte und wir hofften insgeheim, dass sie vielleicht in der letzten Runde einmal hochgelost werden würde und eine Partie gegen die Nationalspielerinnen Hanna-Marie, Lara oder Kateryna bekommen würde. Dieser Wunsch erfüllte sich leider nicht, Lily spielte gegen Sarah Niemeyer, die Lokalmatadorin vom Brackweder SK. Die Partie war sehr kurz. Durch einen taktischen Fehler Sarahs ging in der Eröffnung eine Figur verloren und sie gab die Partie daraufhin auf.
Lily und Lara 2024 in Bielefeld
Eine Turnierpartie gab es leider nicht, aber immerhin ein schönes Foto. Der Größenunterschied zwischen den beiden hat in drei Jahren, die zwischen beiden Fotos liegen, merklich abgenommen, der schachliche Unterschied auch ein wenig ;-).
Lily und Lara 2021 in Magdeburg
Lily wurde am Ende mit 4,5 Punkten aus 9 Partien 12. Die Plätze 9 bis 14 hatten dabei jeweils die gleiche Punktzahl, mit etwas Buchholzglück hätte es also sogar ein Top-Ten Ergebnis werden können. Lily hatte sehr viel Spaß bei ihrer ersten Deutschen Frauen Einzelmeisterschaft, mögen noch viele weitere folgen. Das Turnier war ein Erlebnis, die Spielbedingungen in der Ravensberger Spinnerei exzellent. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich überhaupt das erste Mal in dem Gebäude war. Ich wusste gar nicht, dass es dort so viele große Säle gibt. Man könnte dort durchaus öfter mal größere Schachturniere austragen. Wie wärs z.B. mal mit einer DSAM? Bielefeld liegt total zentral, ist verkehrstechnisch gut zu erreichen, hat die notwendigen Hotelkapazitäten. Mich und viele andere würde es freuen :-). Herzlichen Dank noch einmal an das Team des Brackweder SK für die viele ehrenamtliche Arbeit, die sie anlässlich ihres Jubiläums in das Event gesteckt haben! Ihr habt damit das Schachleben in unserer Region bereichert.
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