Schön ist es in Mamaia, das Wetter im September 25-28 Grad, eine leichte Brise. Auf einer Landzunge zwischen dem Schwarzen Meer und der Hafenstadt Constanta ließ es sich durchaus aushalten. Die Anreise war etwas beschwerlich, da wir aus Bukarest noch 4 Stunden mit dem Bus fahren mussten. Wir kamen spätnachmittags im Hotel an, welches ganz in Ordnung war, mit einem leider etwas zu kalten Pool. Insgesamt waren inklusive Trainer, Schiedsrichter, Betreuer und Orgamenschen ca. 1500 Leute aus ganz Europa angereist. Deutschland war mit 28 Kindern und Jugendlichen in allen Altersklassen am Start. Wir trafen viele Bekannte von anderen Meisterschaften und lernten auch viele neue kennen. Es war ein großes Fest des Schachsports. Von dem nicht allzu weit entfernten Gräueln des Krieges in der Ukraine war bis auf ein paar Helikopterpatrouillenflügen die Küste entlang glücklicherweise nichts zu spüren, obwohl die ukrainische Grenze nur knapp 100km entfernt war. Einmal hat es auch unvermittelt laut geknallt und alle schauten sich erschrocken an. Die Ursache dafür blieb unbekannt und das Leben ging weiter. Wir hatten dieses Mal ein etwas anderes Setup gewählt als bei den vorigen klassischen Meisterschaften. Da kein Trainer vor Ort war, der Lily kannte, haben wir beschlossen, dass ich mich als Trainer versuchen würde und alleine mit ihr die Vor- und Nachbereitung der Partien übernehmen würde. Dies war auch dem Bestreben geschuldet, ein paar schlechte Entscheidungen bezüglich Eröffnungswahl bei der DJEM wieder gut zu machen bzw. es dieses Mal besser zu machen. Wir wollten aus unseren Fehlern lernen! Es war nach dem 7. Platz bei der DJEM und dem Verpassen der direkten Qualifikation eigentlich gar nicht geplant im Mamaia dabei zu sein. Lily hatte sich für die Meisterschaft erst im letzten Moment durch eine 1600er Performance bei den Haller Jugendopen qualifiziert und ist damit nach Ablauf der offiziellen Meldefrist im letzten Moment erst auf den „Zug nach Mamaia“ aufgesprungen.
Gedränge und Aufregung vor der ersten Runde
Nach einer kurzen Eröffnungszeremonie fing mit etwas Verspätung auch schon die erste Runde an. Lily startete als Setzlistenerste an Brett 1. Setzlistenerste klingt erst einmal nach Turnierfavoritin, aber wir waren gewarnt. Wie auch schon bei der WM in Batumi, die Lily dieses Jahr gespielt hat, fiel auch bei der EM wieder auf, dass die Kinder aus Osteuropa verhältnismäßig deutlich stärker spielen, als ihre ELO-Zahlen vermuten lassen. Am Ende des Turniers sollten fast alle Deutschen ordentlich ELO verlieren. In der ersten Runde bekam Lily gleich eine dieser Kandidatinnen ans Brett: Gegen Niya Malcheva aus Bulgarien gelang Lily aber eine recht saubere Partie, in der sie nie schlechter stand. Nach einer strategischen Fehlentscheidung von Niya gewann Lily das Spiel dann auch sicher.
Schwarz hat einen tollen Springer auf c4, Weiß einen auf d3. Niya entschied sich diese beiden zu tauschen, das erleichtert aber das Spiel für Weiß, weil dann der bessere Läufer von Weiß erst voll zur Geltung kommen kann.
In der zweiten Runde entschieden wir uns etwas Konkretes gegen den Paulsen Sizilianer vorzubereiten, den ihre Gegnerin in allen in der Datenbank bekannten Partien pflegt zu spielen. Das hat auch wunderbar funktioniert, Lily war lange in ihrer Vorbereitung und baute Druck auf. Smaranda-Maria Tcaciuc aus Rumänien suchte aber durchaus Gegenchancen und hatte einmal sogar die Möglichkeit mit einem !-Zug die Partie zu ihren Gunsten zu entscheiden:
d4! ist hier stark, da auf h1 matt droht, was nur unter Figurenverlust abzuwehren ist. Die Rumänin hat das glücklicherweise nicht gesehen und Lily gewann nach ein paar Abtäuschen das vorteilhafte Endspiel sicher.
Der Hotelpool – Treffpunkt nach jeder Runde.
Alisa Volyk aus Kiew saß in der dritten Runde Lily gegenüber. Wir bereiteten angenommenes Damengambit vor und Lily bekam dieses auch aufs Brett. Alisa war aber ebenfalls gut vorbereitet und kannte die gängigen Pläne und Theorievarianten ziemlich gut und beide fanden bis zum 23. Zug immer einen der besten Züge. Die Partie bewegte sich im Gleichgewicht. Im 24. Zug bot sich dann Lily die Gelegenheit, die Partie zu entscheiden.
La6 geht taktisch nicht. Nach Lxa6 Txd4 Lxe2 ist einfach eine Figur weg. Ist nicht so schwer oder? Stimmt! Lily sah eigener Aussage nach die Kombination auch am Brett, hat sie aber unerklärlicherweise dann doch nicht gespielt.
Die Partie wurde Remis und Lily gab damit den ersten halben Punkt ab. Mit Alisa hat Lily später auch noch ein paar Mal am Pool gespielt. Grüße nach Kiew gehen raus!
In der vierten Runde spielte Lily gegen Solomiia Svitenko, eine weitere Ukrainerin (ELO 1236). Wir erwarteten trotz des nominell gewaltigen ELO-Unterschieds eine Partie auf Augenhöhe und so kam es. Lily spielte Caro-Kann, dass Weiß die Vorstoßvariante wählen würde, war keine Überraschung, darauf hatten wir uns intensiv vorbereitet. Den weißen Königsspringer dann über e2 nach g3 zu entwickeln war dann aber schon abseits der Theorie. Lily war damit frühzeitig auf sich gestellt, fand aber am Brett einen überzeugenden Aufbau gegen das langsame System von Schwarz.
Modernes Schach: Harry, der h-Bauer, muss laufen! h5 ist hier eine gute Entgegnung von Schwarz. Mit dem Springer auf g3 droht latent h4 mit der Vertreibung desselben.
In der Folge entwickelte sich ein offener Schlagabtausch. Beide Kinder spielten gutes Schach und verfolgten klare Pläne. Solomia griff am Königsflügel an, Lily am Damenflügel. Wer zuerst mit seinem Angriff durchschlagen würde, würde den vollen Punkt einsacken. In der folgenden Stellung geschah dann der Weißen der entscheidende Fehler.
Sc3 lässt den d4 Bauern ungedeckt. Lily überlegte lange, ob sie ihn wirklich schlagen sollte, denn der Freibauer auf a5 sieht auf den ersten Blick auch gefährlich aus. Die schwarze Dame kann aber zwischenzeitlich so viel Schaden in der weißen Königsstellung anrichten, dass der Freibauer objektiv keine Chance zur Umwandlung hat. Lily schätze das letztlich richtig ein, nahm sich ein Herz und schlug ihn weg.
Zum Schluss gab es in der Partie dann noch eine hübsche Taktik, die Lily fast eine ganze Stunde Endspielverwertung hätte ersparen können.
Hier gibt es für Schwarz einen „Ausknipser“. Ich verrate jetzt mal nicht den Zug, Lily sah ihn auch nicht und sammelte lieber erstmal die Bauern um den König ein.
Es gab in Mamaia zwei Spiellokalitäten. U8 und U10 spielten direkt neben dem Delegationshotel im Restaurant „Estival“. Die oberen Altersklassen im größeren „Dorna“, wo auch später die Siegerehrung stattfinden sollte und welches 10 Minuten zu Fuß entfernt war. Wir schauten dort trotzdem vor der Runde mal vorbei, in der Hoffnung etwas im Schachshop stöbern zu können, der aber nur zu den jeweiligen Runden offen hatte.
Blick in den Saal im Dorna Restaurant. Direkt hinter den Scheiben im Hintergrund liegt der Hotelpool – durchaus ein Anreiz, seine Partie schnell zu gewinnen und dann direkt hineinzuhüpfen.
Das Restaurant wurde vor dem Ruhetag komplett leer geräumt, damit Samstag Abend eine Hochzeit stattfinden konnte, danach wurde dann wieder alles aufgebaut, als wäre nichts geschehen. Ging wohl organisatorisch nicht anders, aber welch ein Aufwand!
In der nächsten Runde wurde Lily gegen die Polin Zusanna Kaminska gelost. Bei der Team-EM vor ein paar Wochen haben die Polen alle vier Wettbewerbe gewonnen, was die ausgezeichnete Förderung der jugendlichen Schachelite in unserem Nachbarland belegt. Wir analysierten Zuzannas Partien und planten erstmals das Belgrader Gambit zu spielen, welches Lily in Iasi von der NRW-Landestrainerin Carmen Voicu-Jagodzinsky intensiv beigebracht wurde. Leider wählte Zuzanna eine Nebenvariante, die wir zwar auf dem Schirm hatten, bei der wir aber nicht die kritischste Entgegnung vorbereiteten, die viel konkretes Variantenwissen erfordert hätte. Stattdessen wählten wir eine Fortsetzung vor, die Weiß zwar angenehmes Spiel, aber keinen objektiven Vorteil sicherte.
Schwarz wählte statt des Hauptzugs exd4 Lb4, was theoretisch nach Sxe5 zu weißem Vorteil führt. Die Varianten sind aber kompliziert und wir bereiteten sie in der Tiefe nicht vor, da wir Zuzannas Wahl im Vorfeld nicht für wahrscheinlich hielten. Lily spielte gemäß Vorbereitung d5.
Im weiteren Partieverlauf hatte mal Lily, mal Zuzanna etwas Vorteil, Remis war letztlich ein gerechtes Ergebnis. Bei der Siegerehrung sollten später beide Mädchen nebeneinander auf dem Podest stehen. Von Vorteil war der Partieverlauf in dem Sinne, dass das Belgrader Gambit eben nicht aufs Brett kam und somit für die weiteren Runden noch nicht „verbrannt“ war. Spätere Gegnerinnen und deren Trainer konnten nicht wissen, dass wir es im Repertoire hatten und auch spielen wollten.
So bequeme Liegestühle gab es am Pool unseres Hotels leider nicht, sondern nur im Dorna Hotel nebenan ;-).
Nach der fünften Runde schnauften alle Teilnehmer einmal kurz durch, der einzige Ruhetag stand an. Einige planten Ausflüge, andere wollten einfach nur ausspannen. Option 3 waren zu Lilys Leidwesen Schulaufgaben. Da wir vor lauter Schach an den vorigen Tagen außer ein paar Englischvokabeln nichts geschafft hatten, nahmen wir uns den halben freien Tag um Mathe zu büffeln (An dieser Stelle vielen Dank an Mathias Ruddat für die Hilfe!). Nach Lilys Rückkehr würde sie schließlich die Klassenarbeit nachschreiben müssen. Dies war dann nach dem Mittagessen aber geschafft und so genossen wir noch den Rest des Tages im Schwarzen Meer und am Pool.
Bao Anh Angelina Nguyen Doan wartete am nächsten Tag auf Lily. Eine weitere junge Polin, dem Namen nach vietnamesischer Abstammung. Lily witzelte vor der Partie, dass ihr vollständiger Name wohl nicht auf das Partieformular passen würde. Nominell war sie die zweitschwächste Gegnerin von Lily im Gesamtturnier, aber wir waren gewarnt: 4 aus 5 mit nur einer Niederlage gegen die letztjährige U8-Europameisterin Zoe Veselow, gegen die sie in einer Gewinnstellung taktisch die Partie einstellte, und die schachliche Qualität ihrer bisherigen Partien sprachen eindeutig für eine Spielerin auf Augenhöhe mit Lily. Es entwickelte sich ein Caro-Kann-Mittelspiel, in dem Lily leider eine Ungenauigkeit unterlief.
Dc7 ist aus konkreten Gründen nicht gut. Nach Da4, welches Angelina fand, bekommt Schwarz schon Probleme, obwohl nicht sofort offensichtlich ist warum eigentlich. Lily spielte statt a6 aber mit Kf8 einen weiteren ungenauen Zug, nachdem der weiße Springer mit Tempo nach b5 kommt und Weiß schon auf Gewinn steht.
Angelina ließ später noch etwas Luft in die Partie und Lily stand ein Ausweg in ein schlechtes, aber nicht direkt verlorenes Endspiel zur Verfügung. Den sah sie aber nicht und so gewann die Polin verdient die Partie. Ein erster richtiger Rückschlag, Lily rutschte damit mit 4 aus 6 Punkten auf Rang 9 der Rangliste ab, es sollte ihre schlechteste Zwischenplatzierung bleiben.
Abendliches Sandburgenbauen mit Maila Ruddat. Links am Bildrand ist Anna Heidtkamp zu sehen, dahinter im Meer die Väter der beiden Mädels, mit denen Lily einen Großteil ihrer Freizeit in Mamaia verbrachte. Ich war auch einmal Schwimmen im Meer, war danach aber direkt erkältet. Zusammenhang? Wer weiß, das Meer hat mich dann aber vorsichtshalber nicht noch einmal gesehen.
Der Bademeister hatte Feierabend, die Mädels übernahmen :-). Herzliche Grüße an Maila Ruddat und Anna Heidtkamp an dieser Stelle!
In der nächsten Runde wartete Izan Idil aus der Türkei auf Lily. Wie oben schon angekündigt kam es dieses Mal aufs Brett: Das Belgrader Gambit. Leider traf Lily ausgangs der Eröffnung eine Fehlentscheidung, die Schwarz eine bessere Stellung bescherte.
Der Springer auf f6 muss geschlagen werden, so viel ist klar. Aber wie? Lily entschied sich aus strategischen Erwägungen (Läuferpaar, Struktur) für Sxf6. Das ist hier aber konkret ein Fehler, denn Dynamik ist an dieser Stelle entscheidend. Lxf6 hätte Weiß eine vorteilhafte Stellung gesichert.
Nach ein paar weiteren Ungenauigkeiten stand Lily völlig auf Verlust. Izan musste nur noch die entscheidende Taktik sehen.
Schwarz spielte direkt De4+, was Weiß die Partie rettete. Tg6 hätte direkt eine Figur gewonnen, da der Läufer nur nach h4 zurück kann, wo ihn die Dame nach De4+ hätte einsammeln können.
Schwein gehabt! Vermutlich hat das Schlüsselanhängerschweinchen „Schulze“, den Stifterin und Namensgeberin Lara Schulze Lily in Wolfenbüttel als Glücksbringer geschenkt hat, seine volle Wirkung entfaltet!
Weiß erreichte Ausgleich und Lily gelang es sogar die Partie im Endspiel zu gewinnen. Die arme Izan war am Boden zerstört angesichts der Chance, die sie gegen die Setzlistenerste hatte liegen lassen. Lily lag mit dem Sieg vor den letzten Runden somit immer noch gut im Rennen mit kleinem Abstand zur Spitze.
Anna Heidtkamp aus Düsseldorf spielte ebenfalls bis hierher ein gutes Turnier und so ergab es sich, dass beide wieder einmal ihre Freundschaft für ein paar Stunden ruhen lassen mussten, um am Brett gegeneinander anzutreten, wie schon so oft auf den vergangenen NRW- und Deutschen Meisterschaften. Insgesamt stand es zwischen den beiden 1,5 zu 1,5. Die letzte Partie auf der DJEM hatte Anna gewonnen. Über ihre Eindrücke bei der EM wird auch auf der Homepage des Schachbezirks Düsseldorf berichtet. Anna überraschte Lily mit 1.d4 und spielte das Colle System, was wir überhaupt nicht erwartet hatten. Aber Glück im Unglück: Lily hatte vor ein paar Wochen beim Landeskader in Herford vom Stützpunkttrainer Andre Wolf eine 3-stündige Lektion über dieses System, und wie man dagegen am besten vorgeht, erhalten. Dieses Wissen konnte sie nun anwenden und eine vorteilhafte Stellung erreichen.
Schwarz sollte hier Lf4 spielen und steht aufgrund des besseren Läufers, der besseren Struktur und des möglichen Vorstoßes e5 strategisch besser. Lily verrechnete sich aber und nahm mit der Idee Sc2 mit dem Läufer auf c5 raus. Leider hätte sich im weiteren Verlauf herausstellen können, dass nach Dxa1 die Diagonale ein Problem wird. Dazu kam es aber nicht, denn Anna sah das alles nicht und leistete sich im Gegenzug sogar einen noch größeren Blackout.
Txc5 ist ein grober Patzer, da die weiße Dame mit Schach geschlagen wird. Mit der Dame weniger spielte Anna noch ein paar Züge weiter und gab sich dann (unter Wert) geschlagen.
Mit diesem Sieg waren vor der letzten Runde die Medaillenränge in Reichweite. Die Gegnerin hieß allerdings Maria Anistoroaei, die bisher nur ein Remis gegen Zoe Veselow abgegeben hatte und vor der letzten Runde mit einem ganzen Punkt das Feld anführte. Sie brauchte nur ein Remis für den Euromapeistertitel. Lily musste gewinnen, wenn es mit dem Treppchen etwas werden sollte. Immerhin hatte sie Weiß und wir planten das erste Mal im Turnier mit d4 zu eröffnen, eine möglichst strategische Stellung zu erreichen und eine lange Partie zu spielen. Möglicherweise, so war die Hoffnung, würden sich zwischenzeitlich an den Brettern nebenan schon ein paar Ergebnisse einstellen, sodass Maria auch mit einer Niederlage gegen Lily das Turnier gewinnen und nicht das Letzte aus sich herausholen würde. Graue Theorie, es kam so ähnlich, nur besser :-). Maria hatte gegen d4 in einer vorigen Partie slawisch gespielt und wiederholte, möglicherweise etwas überrascht von Lilys Eröffnungswahl, diesen Aufbau. Lily hatte sich im Vorfeld das Youtube-Video von Bundestrainer Jan Gustafsson zu diesem System angeschaut und wusste daher, wie man gegen die gängigsten Systeme spielt. Maria wählte glücklicherweise eine gängige Fortsetzung (4. Lf5). Lily wusste Bescheid, erreichte Vorteil in der Eröffnung und setzte Maria unter Druck, worauf sie prompt einen Fehler beging.
Weiß hätte statt Sd7 0-0-0 spielen sollen, wonach die Stellung ok für Schwarz ist. Sich den b7 schlagen lassen ist schlecht und Lily nahm ihn auch ohne groß nachzudenken weg. Schwarz hat keine Kompensation.
Die Partie wurde an drei Stellen auch im Livestream analysiert, den der rumänische Schachverband ab Mitte des Turniers in englischer Sprache organisierte. Hier die beiden Clips zur Situation nach der Eröffnung und im Mittelspiel:
Lily verbesserte ihre Stellung immer weiter, eroberte bald einen zweiten Bauern und stand völlig auf Gewinn. Die Nerven der mitfiebernden Fans vor Ort und zuhause beruhigten sich schon etwas, alle erwarteten, dass ihre Heldin den Sieg sicher nach Hause bringen würde. Aber Lily war angesichts der zum Greifen nahen Medaille so aufgeregt am Brett, dass sie sich in folgender Stellung wieder etwas übersah.
Kb3??. Ich war noch nie dem Herzinfarkt so nahe wie in diesem Moment. Das stellt doch eine Figur ein! Maria als starke Spielerin, die sie nun einmal ist, sah das auch sofort, spielte Txb2 und hatte plötzlich einen Springer mehr. Die zwei verbundenen Freibauern bieten immerhin etwas Kompensation für Weiß.
Die Stellung war jetzt unklar, besser für Schwarz, aber schwierig zu spielen. Psychologisch aber war es vor allem für Lily eine enorme Herausforderung. Sie hatte wenig Zeit, gerade eine gewonnene Stellung weggeworfen und sie musste trotzdem die Partie unbedingt gewinnen. Zum Glück besann sie sich auf ihr Endspielwissen, dass in den letzten Monaten ein Schwerpunkt der Arbeit mit ihrem Trainer FM Tobias Vöge war: Zuerst die Stellung der Figuren maximal verbessern, dann die Freibauern laufen lassen. Und so geschah es am Brett, Lily gewann die Partie im Endspiel sozusagen ein zweites Mal.
Die Zeit ist gekommen! Sf7 ist ein Fehler, mit Kc8 hätte Schwarz das Endspiel verteidigen können. Nun spielte Lily c6 und die Bauern sind nicht mehr aufzuhalten.
Das Ende der Partie im Livestream
Lily hatte es geschafft, sie würde eine Medaille gewinnen, es war nur noch fraglich, welche es sein würde. Mama Viktoria rechnete sich einen Wolf vor dem heimischen Laptop, prüfte ihre Ergebnisse doppelt und dreifach und war am Ende überzeugt, es musste die Silbermedaille werden. Das Buchholzglück war uns dieses Mal endlich auch einmal hold und nach einer weiteren bangen Stunde war es dann offiziell: Mit einem halben Buchholzpunkt Vorsprung sicherte sich Lily die Silbermedaille bei der Jugendeuropameisterschaft! Riesengroße Freude in der Deutschen Delegation. Lily konnte ihr Glück kaum fassen und belohnte sich für die ganze harte Arbeit des vergangenen Jahres. Die zweite Medaille für Deutschland gewann Alfred Nemitz in der U12 (Bronze). Herzlichen Glückwunsch nach Potsdam! Wir machten uns bereit, die Brosche mit der Schachdame wurde aus der Schachtel geholt und wir machten uns auf den Weg in den Festsaal.
Die Pokale warten schon auf ihre neuen Besitzer.
Rundumsicht vor Veranstaltungsbeginn
46 europäische Nationen schickten ihre besten Nachwuchsschachspieler nach Mamaia.
Rumänische Folklore als Vorspiel zur eigentlichen Siegerehrung. Neben Lily auf dem Stuhl steht Jakob Grimm aus Berlin (Platz 20 U8). Die beiden haben neben dem Turniergeschehen viel miteinander unternommen, hoffentlich sieht man sich mal wieder auf dem einen oder anderen Schachevent. Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal an Mailas Papa Mathias (hinter Lily) für die Wasserbesorgung. Die war hochwillkommen und bitter nötig ;-).
Der große Moment: Lily wird geehrt.
Und noch einmal als Foto. Vielen Dank an die Turnierdirektorin Elena Cristian für die Zulieferung. Es ging alles so schnell, dass ich es nicht geschafft habe, selbst eine ordentliche Aufnahme dieses Moments zu machen.
Die beiden deutschen Medaillenträger: Alfred Nemitz (U12), Bronze und Lily mit Silber.
Lily mit Olivia Lukas, ebenfalls U10 Girls
Und nun bin ich endlich auch mal auf einem Foto. Vielen Dank an Keyvan Farokhi für die Fotografendienste.
Die Rückreise war dann genauso anstrengend wie die Hinreise (Aufstehen 2:15, Wartezeit am Bukarester Flughafen: 5 Stunden, 1 Stunde warten auf das Gepäck am Düsseldorfer Flughafen, Feierabendverkehr im Pott). Aber mit Pokal im Gepäck ließen sich auch diese Entbehrungen deutlich leichter ertragen. Es bleibt noch einmal herzlich Danke zu sagen an die Organisatoren in Rumänien, alle deutschen Delegationsmitglieder und die Mitglieder der Schachfamilie vor Ort und zuhause, die die Veranstaltung zu einem besonderen Erlebnis gemacht haben. Bis zum nächsten Mal!
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