Das georgische Batumi war eine Woche lang der Treffpunkt der internationalen Jugendschachszene. In einem Hotel direkt an der Schwarzmeerküste spielten 500 Kinder aus der ganzen Welt eine Woche die Jugendweltmeisterschaften im Schnell- und Blitzschach in den Altersklassen U8 bis U18 aus. Einzige deutsche Vertreterin war Lilian Schirmbeck vom Schachklub Halle, die mit ihrem Vater Markus anreiste. Lily hatte in der Woche zuvor schon die deutsche Jugendeinzelmeisterschaft in Willingen gespielt, bei der sie als Favoritin ihrer Altersgruppe gestartet, die hohen Erwartungen mit dem 7. Platz aber nicht ganz erfüllen konnte. Die Konkurrenz bei der Weltmeisterschaft war natürlich noch härter. Die größte Konkurrentin nach Setzliste schien zuerst Romi Milner, ein großes Schachtalent aus den USA zu sein, die in den letzten Monaten bei Turnieren auf der gesamten Welt mit ihren Leistungen großen Eindruck hinterlassen hatte. Zudem waren auch viele Spielerinnen aus Russland angereist, die derzeit aber aufgrund verhängter Sanktionen nur unter neutraler Flagge spielen dürfen. Auch einige Spielerinnen aus zentralasiatischen Ländern wie Kasachstan, Armenien und auch viele einheimische georgische Spielerinnen waren am Start, von denen im Vorfeld nicht klar war, wie stark sie im Verhältnis zu Spielerinnen aus dem Rest der Welt sein würden.
Vor der ersten Runde.
Blick von oben in den Spielsaal, Lily sitzt am linken Bildrand (Bildquelle: FIDE)
Der Schnellschachwettbewerb erstreckte sich über 3 Tage. Lily holte am ersten Tag aus ihren 3 Partien 2,5 Punkte und spielte damit ihre erste Partie am 2. Tag gegen die spätere Turniersiegerin Kristina Zavivaeva aus Russland. In einer engen Partie im geschlossenen Sizilianer fand Lily bei einem taktischen Einschlag auf b2 nicht die richtige Fortsetzung, um die Stellung ausgeglichen zu halten und verlor ihre erste Partie. Im weiteren Turnierverlauf stellte sich aber heraus, dass die Spitzengruppe leistungsmäßig sehr nah beieinander war und sich daher auch gegenseitig die Punkte abnahm. In der vorletzten Runde kam es schließlich zum Duell gegen die oben genannte Romi Milner. Die Mädchen spielten eine lange Theorievariante in der Wiener Partie, die Lily ebenso gut kannte wie Romi. Am Ende stand ein ausgeglichenes Endspiel auf dem Brett, welches sogar für Lily leicht vorteilhaft war. Romi benötigte aber einen Sieg, um in der letzten Runde noch Chancen auf den Turniergewinn zu haben, machte Druck und versuchte Lily, zu einem Fehler zu zwingen. Sie scheiterte aber letztlich an Lilys Verteidigung und die Partie ging Remis aus. In der letzten Runde hatte Lily daher mit einem Sieg die Chance, einen Platz auf dem Podest zu sichern, auf welchem am Ende bei diesem Wettbewerb 5 Spielerinnen würden stehen dürfen. Sie spielte gegen die Georgierin Barbare Chiokadze, die eine deutschsprachige Schule in Tiflis besucht und mit der Lily sich daher auch in ihrer Muttersprache unterhalten konnte. In dieser Partie überraschte Lily ihre Gegnerin mit dem angenommenen Damengambit, welches sie für die Deutsche Meisterschaft eine Woche zuvor vorbereitet hatte. Sie überspielte ihre Gegnerin und erarbeitete sich eine Gewinnstellung. In beiderseitiger Zeitnot übersah Barbare glücklicherweise eine taktische Rettung und Lily konnte sich den Sieg sichern, der den vierten Platz im Wettbewerb bedeutete. Die Freude war riesengroß, vor Ort in Batumi und bei allen Schachfreunden aus Deutschland, die von zuhause aus mitfieberten.Nach diesem Erfolg stand ein Ruhetag an, bei dem vom Weltschachverband ein Ausflug in den botanischen Garten von Batumi organisiert wurde.
Der Garten erstreckt sich auf einem Hochplateau direkt an der Schwarzmeerküste. Im Hintergrund lässt sich die Skyline von Batumi erahnen.
Der anschließende Wettbewerb im Blitzschach lief dann nicht ganz so gut, am Ende wurde es mit 6 aus 11 Punkten der 8. Platz. Mit der Siegerehrung ging mit der Überreichung ihres Preises durch die ehemalige Schach-Weltmeisterin Susan Polgar ein aufregendes Turnier zu Ende. Auch neben dem Turnier war es toll, sich mit Schachspielern und Schachspielerinnen aus aller Welt auszutauschen. Das nächste große Event steht auch fest: Lily wurde vom Bundestrainer zusammen mit der frisch gebackenen Deutschen Meisterin in der Altersklasse U12w Paula Czäczine nominiert, Deutschland bei der Jugend-Team-Europameisterschaft in der Altersklasse U12w zu vertreten, welche Ende Juli im rumänischen Iasi gespielt wird.
Lily und Mizuki, dem einzigen japanischen Teilnehmer, bei der Siegerehrung. Er hatte aus Tokio wohl die weiteste Anreise von allen.
Schirmbeck, Lilian – Vardanyan, Arpi: Schwarz schlug gerade mit dem Springer den Bauern auf f3. Der weiße Bauer auf g2 ist gefesselt, daher kann er den Springer nicht schlagen und der schwarze Turm deckt zudem den Springer. Schwarz hatte aber übersehen, dass Weiß den Springer trotzdem mit der Dame schlagen kann. Diese kann zwar wiederum vom schwarzen Turm geschlagen werden, aber die schwarze Dame ist ebenfalls angegriffen und Weiß hat am Ende der taktischen Abwicklung eine Figur mehr als Schwarz.